Elena Becker MA

Orts-Familien- Chronisches:
Albert von Hag und die „Hube des Albert“

>> Das -chronifizierende- Aufzeichnen von „Orts“- geschichten ist mittlerweile ein „Gegenstand“ der -allgemeinen- Statistik, der institutionalen „Raumforschung“(sic) oder des Fiskus, der sich auf das zahlenmäßige Erfassen von -steuerzahlenden- „Personen“-ständen verwendet.

Zwar ist es nicht erst aufgrund der jüngsten Statistiken, die unter diesem Aspekt auch die Ursachen von schwankenden Zu- und Abwanderungen dokumentieren, bekannt, daß ländliche (sog.) Strukturschwächen -zunehmend- dazu führen, daß ganze Dörfer, wie v.a. in Ostdeutschland „aussterben“ bzw. verschwinden, aber das Bild, das diese Ergebnisse zeichnen ist mindestens so nüchtern wie diese oder eher noch: dramatisch.

Als informaler Kontrastpunkt dient dazu (evtl.) der ebenfalls -der (historischen) Vergangenheit angehörende bzw. „referentielle“ (Kurz-)artikel1, der die sehr „ursprüngliche“, auf das 13. Jahrhundert zurück zu datierende Entwicklung eines „historischen“ Dorfes (Scheyern) in Bayern rekonstruiert, was stets der -abweichenden- Interpretation unterliegt.

Wie daraus hervorgeht, sind die -generischen- Entwicklungen von drei „strukturellen“ Faktoren geprägt, die, im weiteren Verlauf mit diversen „Ausrichtungen“ bzw. „Verschiebungen“ von und auf (personale, familiale) Elemente bzw. andere positionale Besetzungen einhergehen – Funktionen wie, nach dem 15. /16. Jahrhundert besonders in Erscheinung tretende „Dorfrichter“, die sich ein polares Gegengewicht zu den „Äbten“ des super-strukturellen „Klosters“ verschafften.

Dabei spielt auch das de-zentrale „Gut“ und spätere („Partial“-)Objekt eines Tausches – die (sog.) „Hube des Albert“- eine nämliche(!) Rolle, insofern sich ein Transfer der -bloßen, referentiellen- Bedeutung des Objekts abzeichnet, das anfangs an einen ursprünglichen Bedeutungs-und (später) formalisierten Namensträger gebunden ist, der als „Albert von Hag“ umgekehrt auch einen identifizierenden (nicht-tauologischen) Bezug zum damaligen Ortsnamen aufweist.

Albert von Hag und die „Hube des Albert“

Über die Person des Albert von Hag ist über den Namen hinaus kaum etwas bekannt, obwohl dieser eng mit der Entstehung und Geschichte des Dorfes Scheyern/ Großenhag verbunden ist. Albert von Hag wird um das Jahr 1260 in der Chronik (Familien- und Häuserchronik Scheyern-Großenhag) als erster Besitzer des, nach ihm auch in den späteren Jahren als „Hube des Albert“ benannten Gutes genannt, das 1226 von Merbod von Bachern an Abt Heinrich verkauft hatte und von dem Abt Ludwig von Scheyern an den „Klosterministerialen“ Albert von Hag und seine Nachfahren zu „bleibendem Besitz“ verliehen wurde.

Der Name „von Hag“ läßt grundsätzlich auf einen „freien“ Ortsansässigen schließen, also möglicherweise auch, wie die damaligen Klosterangehörigen und insbesondere Äbte, einen Angehörigen des adligen Standes, der diesen Namen bereits vor seiner Belehnung trug oder sogar in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu den Scheyerer Grafen bzw. den “Huosi“stand, was aufgrund fehlender biografischer Daten aber nicht mehr feststellbar ist.

Die Vermutung, daß es sich bei dem Namen „Albert von Hag“ genuin um einen Personennamen handelt, läßt sich anhand eines weiteren Eintrags , der auf ein früheres Datum andernorts (!) zurückgeht, eindeutig belegen. Laut dem „Historischen Atlas von Bayern“ (Grafenau u.a.) wird „Albert von Hag“ neben dessen Vater „Hartwig von Hag“ und seinen Brüdern Hartwig, Wernhart und Aribo um das späte 12./ Anfang 13. Jahrhundert als Zeuge in den „Zeugenreihen der Baumburger Traditionsnotizen“ (Oberpfalz) genannt und erscheinen bereits vormals unter den Erben(?) des Grafen "Rapoto von Ortenburg“ (S. 219), ebenfalls anläßlich einer Traditionsübergabe durch dessen kinderlose Witwe.

Der Vorgang, der dort u.a. dokumentiert wurde, ist der genau Umkehrfall der Lehensübertragung in Scheyern: „Hartwig von Hag widmete zum Gedächtnis seiner Vorfahren und mit der Zustimmung seiner Söhne Hartwig, Wernhart, Albrecht oder Albert (sic) und Aribo sein Gut ´Windhag´(sic) dem Kloster Baumburg.“ (S. 281)

Über den Bruder Albert von Hags, Aribo von Hag wird folgendes festgehalten:“ Aribo war identisch mit dem Ritter Erbo, der dem Kloster Raitenhaslach das Gut zu Kettenberg überlassen hatte.“ (S. 282).

Es ist daraus zu schließen, daß die Familie „von Hag“ durchaus über ein großes Grundvermögen bzw. mehrere Güter verfügte, deren Zentrum evtl. im Kreis von Haag a.d. Amper zu suchen ist, zumal die Namensschreibweise in mehreren Nachweisen zwischen „von Hag“ und „von Haag“ wechselt.

Somit ist auch am wahrscheinlichsten anzunehmen, daß der Ortsname „Hag“, der (s.u.) mit dem Namen „Scheyern“ genannt wird, auf die Person und Familie „von Hag“ zurückgeht und so auf den Ort übertragen wurde.

Daß der in "Scheyern" erst ab dem 18. Jahrhundert(!) geänderte Ortsname ursprünglich nicht "Hag" gelautet haben kann, ist gleichfalls urkundlich belegt.

Demnach hieß der Ort in der ältesten Benennung "Helingerweng"(o.ä.) und wurde evtl. wegen seiner Unaussprechlichkeit später geändert. Es kann sich also definitiv nicht um einen Mann mit Vornamen Albert gehandelt haben, der diesen Namen - „von Hag“- erst im Zuge und aufgrund der Belehnung mit der „Hube des Albert“ erhielt.

Diese Hube, die zunächst ohne Abgaben (?) geführt wurde, muß in der Größenordnung und Fläche dem später daraus entstandenen Dorf Großenhag („Näheren Hag", hag vicinior) bzw. heutiges Scheyern entsprochen haben und „südlich“ an das Kloster auf dem ehemaligen Burgberg gelegen haben. In der Häuser- und Familienchronik Scheyern ist die wechselhafte Geschichte des Gutes im Verlauf der Entstehungsgeschichte des Dorfes Scheyern mehr oder weniger nachvollziehbar.

So wurde das Gut bis ca. 1400, weiterhin unter der Bezeichnung „Hube des Albert“ oder sogar mit dem Besitzer „Albert von Hag“ im Verzeichnis genannt, wobei es wohl auch (familiale?) Beziehungen zum angrenzenden „Fernhag“ gab. Um 1400 wurde die Hube im „Näheren Hag“ durch „Tausch“ von der Kirche Hohenwart erworben, was deshalb erstaunlich ist, da sich der Ort Hohenwart in einiger Entfernung von ca. 15 km zu Scheyern befindet.

Wiederum nachdem, wie aus der Chronik hervorgeht, das Kloster Scheyern das Gut von der Kirche Hohenwart zurück eignete, wurde allein dieses in „14 Teile“ aufgeteilt, um dort eine „Handwerkersiedlung“ zu errichten.

Die Entstehung des Dorfes nahm also im wesentlichen damit erst seinen Anfang. Was aus dem Kernstück des Gutes und den, soweit namentlich noch als solche erkennbaren Nachfahren wurde, läßt sich am ehesten anhand der "typisch" entrichteten Abgaben, aber auch an den teils ambitiösen Bemühungen späterer Besitzer ablesen, bei denen es sich vorwiegend um diverse oder besonders einen Ortsrichter namens "Veichtmeier", dessen Name auf einen "Veit" oder "Vitus" (Hagl, s.u.) zurückgeht, gehandelt haben soll, der danach trachtete, die beiden getrennte Hälften der "Hube des Albert" wieder zu vereinigen.

Es ging dabei also um diejenigen Liegenschaften, die um das ursprüngliche Hofgrundstück in der Ludwigstr. 22 und angrenzende Höfe entstanden sind und z.B. unter den Namen „andere Hube“, Plamoser“ (Blaumoser) oder „Veichtmeierhof“ und deren jeweiligen Besitzern eingetragen sind.

Die für die „Hube des Albert“ später typische Abgabe von 7 Pfennigen konnte natürlich zu späteren Jahren in anderer Höhe ausfallen.Sie wurde außerdem noch von einem Besitzer namens "Chounrad Albrecht" entrichtet, woraus zweierlei zu schließen ist: erstens, es handelte sich vermutlich um dieselbe "Hube", zweitens, Chounrad Albrecht war ein Nachfahre von "Albert" von Hag, der dessen Vorname als Nachname übernahm und ihn auf das Anwesen des "Albeg" (Albrecht) übertrug, die später (1560) wiederum einem Vitus Hagl gehörte.

Dieser liefert den zeitlich faßbaren ersten Beleg für den Hausnamen "Hagl", der wieder aus einer anderen ("korrupten"?) Schreibung des Namens, nämlich (Vitus!) Ha-ß (=sz, tz,c) hervorging, der schon einige Jahre vor 1560 auf dem Anwesen des "Albeg" saß.

Da der Vorname "Vitus" (Veit), heute wie damals überaus selten ist, kann es sich eigentlich nur um ein und denselben "Vitus (von) Hag" und einen mutmaßlichen Nachkommen der von Hag- Albrecht- Familie handelt.

Daß dieser Name (Hagl), der v.a. m regionalen Umkeis um Scheyern, zwischen Frising und Ingolstadt verbreitet ist, sich nochmals andernorts spontan und unabhängig voneinander herausgebildet hätte, ist vor diesem "Entstehungs-"Hintergrund nicht haltbar, wenn eine derartige Annahme eigentlich noch so plausibel wäre.

Es ist damit einigermaßen wahrscheinlich, daß auch die ursprünglichen Besitzer, deren Namen sich aufgrund abweichender Schreibweisen oder Aussprache nur noch „ungefähr“ und ahnungsweise mit dem Namen des Albert von Hag, teilweise nach Vornamen (Albrecht?) oder, später wider dem Nachnamen „Hag“ (Hacl) identifizieren lassen, auf den verschiedenen Anwesen als Abgaben zahlende Pächter hin- und her wechselten, die um das Gut aus dem Jahr 1260 oder den angrenzenden Grundstücken entstanden sind.

Diese im Grunde genommen spätfeudalen Pachtverhältnisse, die auch neben Geldzahlungen Arbeitsleistungen vorsahen, hielten bis in die Neuzeit an. Erst ab dem 18.- 19. Jahrhundert wurden die einzelnen Gehöfte wiederum in privates Eigentum zurückverwandelt.

Elena Hagl-Becker

Quelle: Familien- und Häuserchronik Großenhag/ Scheyern. Hrg. : Benediktinerkloster Scheyern. 1987. pass. ; S. 280 Historischer Atlas von Bayern. Grafenau, . S. 219; 281f